Doch dann geschah etwas, worüber ich mir noch sehr lange Vorwürfe machte. Meine Kleine wäre fast gestorben, sie musste grausame Schmerzen gehabt haben.

Es war ein heißer Sommertag und ich wollte nachts lediglich ein letztes Mal mit ihr Pipi gehen. Das sieht in der Nacht bei uns so aus, dass sie lediglich kurz vor die Tür geht, immerhin hat sie tagsüber genug Auslauf.

Doch in dieser Nacht war es so herrlich warm, dass ich mich entschied, kurz mit ihr an den Strand zu gehen. Der ist bei uns ja nicht weit, lediglich ca. 100 Meter. Am Strand war es aber auch so herrlich, dass ich mich spontan entschied, mit ihr noch ein wenig zu laufen. Jeder kennt das wohl, wenn man plötzlich ein Gefühl hat, jetzt möchte man noch ein wenig verweilen.

Wir liefen einige hundert Meter, als mir zwei bekannte Bauarbeiter entgegenkamen, die am Strand feierten. Eigentlich kannte ich nur den einen vom Sehen, der andere war sein Freund. Sie hatten einen tüchtig im Tee und der mir bekannte Mann erzählte seinem Freund Storys über mich, so ungefähr: „Das ist die Frau mit den langen Beinen, ich habe dir von ihr erzählt.“ Dann legte er seinen Arm um mich. Er war ziemlich groß. „Diese Frau“ und er zeigte auch mich, „hat immer so schöne Kleider an und stolziert an uns vorbei.“ Dann kam auch der andere näher und musterte mich und legte auch seinen Arm um mich.

Ich fand das gar nicht witzig, weder das, was sie über mich sagten, noch die heikle Situation. Doch sie wurden immer aggressiver, ich versuchte mit ruhiger Stimme abzulenken. Es dauerte eine Weile, bis ich sie davon überzeugte, dass ich weder lange Beine hätte, noch in ihrem jüngeren Alter war und die Kleider habe ich nur manchmal an, meistens die pinkfarbenen Jogginghosen, wie in dieser Nacht auch. Dann fragte ich nach ihren Ehefrauen, wodurch ihr Blick klarer wurde. Dann ließen sie von mir los und tuschelten ca. zwei Meter von mir entfernt.

Doch wo war meine Kleine? Meine Kleine war nicht mehr in meiner Nähe, sie war verschwunden.

Mehrmals rief ich sie, als weiter hinten von der Düne ein dritter Mann berauscht von sich gab: „Wenn du einen Hund suchst, hier ist einer.“

Eilig lief ich im Dunkeln zu ihm und zog meine Hündin von dem Mann weg. Ich wusste nicht, was sie dort machte, jedoch hatte sie etwas im Maul. „Wir haben hier Spareribs gemacht.“, meinte er angesäuselt. Genüsslich sah er mich zwischen Bierdosen und Flaschen auf seiner Decke liegend an und klopfte mit der Hand, dass ich doch Platz nehmen solle.

Hastig nahm ich meine Kleine auf den Arm und ging mit einem großen Bogen um die zwei am Wasser stehenden Typen wieder in Richtung meiner Wohnung. Ich konnte noch Rufe hören, die meine Schritte noch schneller werden ließen. Doch sie holten mich an. Erneut beschlagnahmten sie mich. Ich musste meine Hündin runter lassen. Doch dieses Mal setzte ich mich durch: „Wenn ihr nicht aufhört damit, schreie ich und dann habt ihr ein Problem.“ Dann schrie ich den Namen meines Hundes, da diese wieder in Richtung des dritten Mannes lief. Ich rief nicht mehr, sondern ich schrie. Denn irgendwie mussten sie spüren, dass ich jetzt nicht mehr nett sein wollte. Sie zuckten zusammen und einer hielt sich die Ohren. Das war mir egal bzw. sogar gut so. Erneut schrie ich nach meiner Kleinen, die dann zum Glück auch kam.

Auf dem Nachhauseweg redete ich mir ein, dass ein bisschen Fleisch ja nicht schlimm sei. Vielmehr ging ich eher diese verfahrene Situation durch, wohlwissend, was drei angetrunkene Männer sonst noch hätten tun können.

Am nächsten Morgen war meine Kleine leicht unruhig. Ich gab ihr homöopathische Entgiftungsmittel aller Art, weil ich nicht genau wusste, was sie dort gefressen hatte.

Am Nachmittag war sie allerdings noch unruhiger und bekam Durchfall. Am Abend erbrach sie. Erneut versuchte ich es mit meinen runden Pillen, doch es half nichts.

Ich googelte nach Vergiftungserscheinungen, fand jedoch nichts so richtig.

Am späten Abend erbrach sie sodann ein kleines Knochenstück. ‚Was ist das‘, dachte ich. Dann erbrach sie noch ein Knochenstück und noch eins. Und es fiel mir wie Schuppen von den Augen, sie musste dort bei dem dritten Mann Knochen gefressen haben. Die haben sie wahrscheinlich in den Sand geworfen und meine Kleine fand das toll.

Dann ging alles ganz schnell. Der Tierarzt, der Bereitschaft hatte, erklärte sich zum Glück sofort bereit, meine Kleine zu empfangen. Er röntge sie erst einmal und stellte dann fest, dass ihre Gedärme voll Sand und Knochen waren. Das Röntgenbild habe ich immer noch, er mailte es mir später.

Alleine der Gedanke, was Sand und Knochen in Gedärmen ausmachten, musste schrecklich für meine Kleine gewesen sein. So spät am Abend hatte sie auch nichts anderes mehr im Magen, was den Sand mit den Knochen vermischen hätte können.

Sie tat mir so unendlich leid und ich machte mir unendlich viele Vorwürfe. „Wenn wir es hier nicht schaffen, dass ihr Darm wieder arbeitet, muss sie notoperiert werden. Dann müssen Sie nach Rostock in die Klinik.“, erklärte der Tierarzt ruhig.

Dann geschah ein kleines Wunder: Während sie da lag und über den Tropf eine Flüssigkeit in ihr Ärmchen geträufelt wurde, hörten wir plötzlich ein Geräusch aus ihrem Darm. „Das ist ein gutes Zeichen“, sagte der Tierarzt. Doch vorstellen konnte ich es mir nicht, wie ein Darm ein Gemisch von Sand und spitzen Knochen ausscheiden konnte, ohne dass der Darm beschädigt würde und die Kleine grausame Schmerzen haben musste.

Nun, ich möchte die Geschichte abkürzen. Meine Kleine hat es geschafft, ohne dass wir zur OP nach Rostock mussten. Allerdings blutete sie noch längere Zeit aus ihrem After. Aber sie hat überlebt und ihr geht es wieder gut.